Einführung - Gesamtstatistik 2020

Vorwort

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) legt der Öffentlichkeit alle vier Jahre ihre Gesamtstatistik sozialer und gesundheitlicher Einrichtungen und Dienste vor. Mit dem Stichtag 31.12.2020 werden nun zum 15. Mal die wichtigsten Daten aller Angebote der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege veröffentlicht. Damit lassen sich Kontinuitäten, aber auch Veränderungen und Entwicklungen im Wohlfahrtssektor gut nachvollziehen.

Die Gesamtstatistik zeigt, dass die Zahl der Dienste und Einrichtungen seit der letzten Erhebung 2016 weiter leicht gestiegen ist. Die Tätigkeitsschwerpunkte in den verschiedenen Hilfebereichen haben sich hingegen nicht wesentlich verändert: Über ein Drittel aller Angebote werden in der Kinder- und Jugendhilfe erbracht, knapp zwei Drittel davon als Kindertagesstätten. Den zweiten Rang nimmt die Altenhilfe ein, gefolgt von der Eingliederungshilfe. Ambulante Dienste gewinnen gegenüber stationären weiter an Bedeutung – ein Trend, der sich bereits in den letzten Berichten abgezeichnet hat. Ein Blick auf die Zahl der Beschäftigten im Wohlfahrtssektor zeigt, dass die Freie Wohlfahrtspflege weiterhin ein wichtiger Akteur auf dem Arbeitsmarkt bleibt. In den 125.370 Diensten und Einrichtungen sind gut 2 Millionen Menschen beschäftigt. Dabei ist mit 11,4 % vor allem ein Anstieg der Teilzeitstellen zu verzeichnen, gegenüber einer Steigerung von 4,8 % der Vollzeitstellen.

Die Wohlfahrtsverbände verantworten einen bedeutenden Teil der sozialen Infrastruktur in Deutschland. Sie engagieren sich für das Gemeinwohl und arbeiten - im Gegensatz zu den privaten Anbietern - nicht gewinnorientiert. Damit tragen sie entscheidend zur Lösung sozialer Herausforderungen bei. Mit ihren Einrichtungen und Diensten, ihren Initiativen und Projekten sind sie im Bundesgebiet flächendeckend präsent. Die Vielfalt der Angebote in allen sozialen Arbeitsfeldern gehört zu den Alleinstellungsmerkmalen der Freien Wohlfahrtspflege. Die Verbände treten für die Interessen von Betroffenen ein und geben ihnen eine Stimme. Sie unterstützen Menschen bedarfsgerecht und wirkungsvoll, schaffen Raum für Beteiligung und Selbsthilfe der Betroffenen und bieten eine Fülle von Gelegenheiten für bürgerschaftliches Engagement. Berufliche und ehrenamtliche Kräfte wirken zusammen und sichern die Wertebindung und Glaubwürdigkeit der Verbände und die besondere Qualität ihrer Leistungen.

In den Krisen der vergangenen Jahre hat die Freie Wohlfahrtspflege gezeigt, wie schnell und flexibel sie auf aktuelle Entwicklungen reagieren und ihre Angebote auf die Bedarfslage anpassen kann. Sie hat dies durch Unterstützungsleistungen während der Corona-Pandemie, beim Anpacken nach der Flutkatastrophe im Ahrtal und durch Hilfe für die aus der Ukraine geflüchteten Menschen eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Wegen des Stichtages der hier vorgelegten Statistik wird sich dies allerdings erst im nächsten statistischen Bericht abbilden können.

Unsere Gesellschaft steht auch weiter vor großen Herausforderungen. Dazu gehören die Klimakrise und ihre Folgen, die sich verfestigende soziale Ungleichheit und Armut, eine Erstarkung des Rechtsextremismus und die demographische Entwicklung mit dem damit einhergehenden Fach- und Arbeitskräftemangel. Diese Herausforderungen müssen in den kommenden Jahren von allen gesellschaftlichen Kräften gemeinsam bewältigt werden. Es gilt dabei, das Fundament eines friedvollen und demokratischen Miteinanders zu bewahren und zu stärken. Den Wohlfahrtsverbänden kommt hier eine bedeutende Rolle zu, denn sie leisten jeden Tag und überall im Land ihren Beitrag zu Solidarität und gesellschaftlichem Zusammenhalt.

Um ihrem Auftrag auch in Zukunft gerecht werden zu können, benötigen die Dienste und Einrichtungen bessere rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen. Sie müssen leistungsgerecht refinanziert werden. Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege werden sich auch in Zukunft dafür einsetzen und den Dialog mit Politik und Gesellschaft engagiert führen.

 

Michael Groß

Präsident (2023/ 2024)